DIE ALTE WELT WIRD BRENNEN
Ein Sturm zieht auf. Ein Sturm, der lange gärte, der nach Jahren des Atemholens auf Orkanstärke angeschwollen ist. 2006 gegründet, nutzten ASENBLUT die letzten Jahre, um sich zu stählen, um langsam zu reifen, um Stück für Stück zu jener donnernden Metal-Armada zu werden, als die man nun in die alles entscheidende Schlacht zieht. Es sind dunkle Zeiten. Der Fenriswolf heult, die Asen rufen zur letzten Schlacht, Ragnarök naht. Es ist Zeit, den BERSERKR in uns zu entfesseln – und ASENBLUT wissen ganz genau, was damit gemeint ist.
Zehn Jahre liegt sie zurück, die Gründung von ASENBLUT. Viel hat sich getan im Heerlager der Göttinger, seit sie 2009 mit ihrem Debüt AUFBRUCH erstmals für Aufruhr in der heimischen Pagan-Metal-Szene sorgten. Schon in den frühen Tagen weit mehr als nur eine weitere Met saufende, mit Runen um sich werfende Pathos-Narretei, hießen ASENBLUT von Anfang an Black Metal, Thrash, melodischen Death Metal und traditionelles Heavy-Metal-Säbelrasseln in ihrem melodisch-klirrenden Klangbild Willkommen. Diese Entwicklung erreicht nach VON WORTEN UND TATEN (2013) auf dem dritten Album BERSERKER ein gänzlich neues Niveau. Beieinem Namen wie diesem aber natürlich auch kein Wunder. „Die Musik für den Titelsong gab die Inspiration für Text und Titel“, verrät Clanoberhaupt und Bandgründer Tetzel. „Die Geschwindigkeit, die heroische Kraft und Energie des Songs führten sofort zu Bildern im Kopf, denen wie von selbst Worte folgten, die diese Kraft und Raserei widerspiegeln.“
Kraft und Raserei, besser könnte man den entfesselten Sturm auf BERSERKER nicht in Worte fassen. Wie die mythischen Krieger der nordischen Mythologie, die sich in einen gefürchteten Rauschzustand versetzten, um in der Schlacht keinen Schmerz mehr zu spüren, ist die der Albumtitel schlichtweg ideale Metapher dieses heidnischen Donnerhalls. Durchaus hört man Tetzel (Gesang), Claus Cleinkrieg (Gitarre), Yuri (Gitarre), Deimos (Bass) und Balrogh (Schlagzeug) ihre Verehrung von Bands wie Iron Maiden, Amon Amarth oder auch mal Immortal an; was am Ende dabei herauskommt, ist nach zehn Jahren Banderfahrung aber längst etwas Ureigenes, Urwüchsiges. „Wir bleiben uns in allen Bereichen treu“, betont Sänger Tetzel. „Allerdings haben wir uns weiterentwickelt und haben uns gegönnt, in den Songs etwas weniger vertrackt zu sein als zuletzt. Dafür“, fügt er an, „ist das Tempo höher und es ist deutlich melodiöser geworden.“
In der Tat klingt BERSERKER auf wohltuende Weise wie ein Viking-Metal-Album durch die klassische Metal-Brille der Achtziger. Ein Balanceakt, der nicht weniger als ein genialer Kunstgriff ist und Anhänger von Blind Guardian über Amon Amarth bis hin zu Equilibrium begeistern wird – ohne viel Schnick-Schnack und gegossen in ein massives Soundgewand. Dafür ist kein Unbekannter verantwortlich: Für die Ewigkeit festgehalten im Greenman Studio von Sebastian Levermann (Orden Ogan), dem “Produzenten der Stunde” (Manfred Thanner/RockIt), tönt BERSERKER einerseits druckvoller als die letzten Zeugnisse der Göttinger, lässt andererseits einige höchst willkommene Ecken und Kanten im Sound zu. Das führt zu einem überlegenen, aber gleichzeitig schroffen, erdigen Klang, das legitime Gegenstück zum kehligen Schlachtruf der titelgebenden Kriegsbestie.
So ernst ASENBLUT die Auseinandersetzung mit der nordischen Mythologie auch nehmen: Längst ist sie nur ein Baustein im konzeptionellen Kosmos der aufstrebenden Bande. „Insbesondere in den frühen Jahren habe ich mich eingehend mit Mythologie beschäftigt und das Quellenmaterial aufmerksam studiert“, lässt der Fronter wissen und stellt klar: „Wir machen allerdings Musik, die unterhalten soll. Auch uns selbst.“ Anstatt den odintreuen Berufswikinger raushängen zu lassen, suchen ASENBLUT auf BERSERKER also nach der gegenwärtigen Bedeutungsebene der alten Texte, spinnen manch andere Sage weiter und lassen neben eigenen Gedankengängen mannigfache weitere Einflüsse zu. Tetzel gibt einen groben Überblick: „Literatur von Patrick Rothfuss oder H.P. Lovecraft, die Hörspiele „Offenbarung23“ und „Gabriel Burns“, Videospiele wie „Dark Souls“ und „Heroes of the Storm“ sowie der tägliche Kampf mit sich selbst und den Widerständen des Alltags.“
Bei Themen wie diesen ist eine wilde Metal-Hetzjagd garantiert. Episch trabend, furios galoppierend, siegessicher stampfend und elegisch schreitend präsentieren sich ASENBLUT im Jahr 2016. Eine selbstbewusste Metal-Macht, die die Insignien des heimischen Pagan Metal mit diesem Donnersturm zu neuer Blüte bringt. Entsprechend knapp und eindeutig fällt dann auch Teztels Aussage aus, wohin die Reise gehen soll. „Vorwärts!“, sagt er mit Nachdruck. Besser könnte man es nun wirklich nicht zusammenfassen.